Bergland von Guayana

Reiseberichte aus dem Sanella-Album Mittel- und Südamerika

=========================================

Seite 19

Über das Bergland von Guayana

An Bord des "Tornado". Fliegen in östlicher Richtung. Soeben das Mündungsgebiet des Orinoco überquert. Riesiges Delta, das der Strom weit ins Meer hinausschiebt. "So groß wie Baden und Württemberg zusammen", schreibt mir Fernandez auf den Block. Überall Mangrovenwälder. Onkel Tom kurvt plötzlich nordwärts. Eine Insel kommt in Sicht. Ich frage auf dem Schreibblock: "Wie heißt die?" "Trinidad! Ist britisch!" Wir umfliegen einen Krater." Merkwürdig, sein Inneres sieht aus wie ein finsterer See. "Der Pechsee! Ein alter Schlammvulkan. Aus ihm wird Teer und Asphalt gewonnen", erklärt mir Fernandez. Unterdessen geht Onkel Tom schon auf Südkurs. In der Ferne kommt ein gewaltiger Tafelberg in Sicht. Wieder wandert der Schreibblock nach vorn. "Es ist der Roraima. Berühmter Götterberg der Indianer.

.

So wie der Olymp in Griechenland." Endlose Grasflächen unter uns. Nur in den Tälern Wälder. Nach Süden zu Bergland. "Tornado" geht tiefer. Der Schatten des Flugzeugs rast über die Steppe. Das Motorengeräusch scheucht dunkle Punkte am Boden auf, die vor dem Flugzeugschatten in wilder Flucht davon rasen. Es scheinen große Laufvögel zu sein. "Nandus - die südamerikanischen Strauße", schreibt Fernandez auf. Da stehen aber noch dunkle Kegel im Grase. "Termitenhügel!" Zwischenlandung in Georgetown, Hauptstadt von Britisch Guayana; dann in Paramaribo. Das ist die Haupt = und Hafenstadt von Surinam, dem holländischen Teil von Guayana. In den Küstenstädten ein tolles Völkergemisch: Indianer, Inder, Europäer, Neger, Chinesen, Araber, Türken, Senegalesen. Alle ganz unterschiedlich in Sitten und Trachten. (Anmerkung: Habe ich Dir eigentlich schon erklärt, wie man die Mischlinge in Süd und Mittelamerika nennt? Mestizen, das sind Mischlinge zwischen Weißen und Indianern. Mulatten sind Negermischlinge und Kreolen in Mittel und Südamerika geborene Nachkommen europäischer Eltern. Übrigens: Indianer oder Indios das ist dasselbe.) Wir fliegen weiter nach Cayenne. Dort war früher die ehemalige französische Strafkolonie: das berüchtigte Land, "wo der Pfeffer wächst". Kein schöner Aufenthalt. Heiß und trocken. Und immer muß man an die Tausende von Strafgefangenen denken, die in der Verbrecherkolonie schwer arbeiten mußten und meist elend zugrunde gingen. Bin froh, daß wir weiterfliegen, südwärts, der brasilianischen Grenze zu. Ist verdammt heiß im Flugzeug. Sind schon ganz dicht am Äquator. Sonne steht senkrecht über uns. Bin braungebrannt.

.

 Bildrückseite 13

Drei Guayana-Staaten sind es, drei kleine Länder, die nebeneinander am Atlantik liegen: Guayana, Suriname, Französisch Guayana. Guayana war bis 1966 eine englisch Kolonie. Bis 1975 war Suriname eine niederländisch Kolonie und Französisch Guayana, wie der Name sagt, ist bis heute noch eine französische Kolonie.